Auf der Flucht ins Paradies
6. –11. Februar 1997
Studenten des Studienganges Schauspiel der Hochschule der Künste Berlin unter Leitung von Dieter Bitterli.
Drei Stücke, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Das eine ein Revolutionsdrama, ein Spiel der politischen Diskurse und der finsteren Demagogie. Das andere ein Beitrag für einen Lustspielwettbewerb, eine Parodie auf das gängige Schema der Komödie, unter deren Maske sich bittere Kritik an den politischen und sozialen Verhältnissen verbirgt. Das dritte schließlich unvollendet, ein Fragment, ein Trauerspiel, wie es der erste Herausgeber betitelte. Büchners dramatisches Werk ist disparat und doch werden bestimmte Themen behandelt, gibt es ähnliche Figurenkonstellationen.
Als Hilfe für seine Studenten hat Dieter Bitterli den Szenen einen jeweils anderen Rahmen gegeben, dem jeweiligen Gestus der Stücke wird durch unterschiedliche Raumlösungen entsprochen. Ausgestattet wurde das Ganze von Franziska Just. Leonce und Lena begegnen einander in der Arena eines großbürgerlichen Salons. Ihre Liebe entsteht am Kaminfeuer inmitten des Publikums, das auf roten Polsterstühlen im Kreise sitzt. Sie sind Varietekünstler und von unsichtbaren Fäden gezogen, fahrende Leute, die für einen Moment in den Raum hereingeschneit kommen, um nach der Darbietung wieder von dannen zu ziehen.
Ganz anders der Woyzeck. Reduziert auf die Geschichte einer Frau zwischen zwei Männern wird er im Balkonzimmer des Löwenpalais als psychologisches Kammerspiel geboten. Die Zuschauer bleiben außen vor, verfolgen die Szenen vom Flur aus. Vom Geschehen ausgesperrt ist auch der Rest der Welt: die Fenster sind mit schweren Militärmänteln verhängt. Die Zweisamkeit der Paare im Danton hingegen wird vor aller Welt gelebt. In den Galerieräumen der Villa, umgeben vom Publikum, das jede Regung aus nächster Nähe erfaßt, durchleben sie Zweifel und Ängste und stets droht die Guillotine als Schatten an der Wand. In Zeiten der Revolution sind private Momente rar und doch werden sie vehement in aller Öffentlichkeit behauptet.
In den Szenen aus Dantons Tod erschließt sich das Konzept des Projektes am deutlichsten. Der Blick wird vom eigentlichen Geschehen auf anderes gelenkt, der Hauptakteur, die Politik, wird abgelöst durch individuelle Schicksale. Die Empfindungen der Figuren werden an Orte gebunden, die das Publikum bei seiner Wanderung durch die Spielräume im wahrsten Sinne des Wortes durchläuft. Der Gang durch das Löwenpalais gleicht einem Gang durch das Werk Büchners.
So ganz haben die Beteiligten dann aber doch nicht Büchners Sprache vertraut. Häufig durchbrechen Lieder die Handlung und drücken Gefühle aus, wo die Personen verstummen. Das ist nicht immer gelungen, doch Büchner wird hier radikal zu Ende gedacht: er selbst hat Versatzstücke aus Volksliedern in seine Dramen montiert. Gemeinsam mit Katarina Rasinski haben die Studenten den Fundus noch weiter geplündert und Gesang als eigenständiges Theatermittel etabliert. Und genau die Fülle der Mittel, die geschickte Inszenierung der Räume und nicht zuletzt die über weite Strecken gelungene Annäherung der Studenten an die schwierigen Rollen machen das Projekt zu einer gelungenen Begegnung mit dem Dichter Georg Büchner.
O-Ton (A/257-264): Danton: Ich liebe dich wie das Grab. Julie: Oh! Danton: Nein, höre! Die Leute sagen im Grab sein Ruhe und Grab und Ruhe seien eins. Wenn das so ist, lieg' ich in deinem Schoß schon unter der Erde. Du süßes Grab, deine Lippen sind Totenglocken, deine Stimme ist mein Grabgeläute, deine Brust mein Grabhügel und dein Herz mein Sarg. Musik/Gesang
Arbeiten – Ausstellen – Austauschen
Das ‚Herzstück‘ der Stiftungsarbeit bildet das Artist in Residence-Programm. Den Stipendiatinnen und Stipendiaten stehen Wohn - und Atelierräume für drei bis zwölf Monate zur Verfügung, Präsentationsmöglichkeiten für ihre Arbeiten in den stiftungseigenen Ausstellungsräumen, sie werden mit einem Aufenthaltsstipendium finanziell unterstützt und sind eingebunden in ein starkes Netzwerk.
Die Kunststiftung Starke fördert junge, aufstrebende Künstlerinnen und Künstler aller Genres. In der ebenso anregenden wie exklusiven Atmosphäre können sie sich ganz auf ihre künstlerische Arbeit konzentrieren, ihren individuellen Stil (weiter-)entwickeln. Wir unterstützen sie bei der künstlerischen Entwicklung und fördern darüber hinaus den Austausch der Künstler untereinander.
Bewerben können sich Künstlerinnen und Künstler aus dem In- und Ausland, bis zum 40. Lebensjahr. Bewerbungen sind ganzjährig möglich. Ein unabhängiges Gremium wählt aus den eingereichten Bewerbungen diejenigen aus, die Stiftung Starke mit einem Aufenthaltsstipendium bedacht werden.
Darüber hinaus stehen kurzfristig bewohnbare Gästeappartements zur Verfügung, die von etablierten Kunstschaffenden genutzt werden können. Es ist wichtig zu beachten, dass während des Aufenthalts die Energiekosten vom Stipendiaten getragen werden müssen.
Die Projekte der Stiftung Starke werden durch internationale Kuratoren wissenschaftlich begleitet.
Das Löwenpalais, Sitz der Kunststiftung Starke, gehört zu den größten und prächtigsten Bauten in Berlin-Grunewald. Zwei steinerne Löwen, die die Fassade flankieren, gaben der Villa im neobarocken Stil ihren Namen.
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Gefördert werden alle künstlerischen Genres: Malerei und Bildhauerei, Architektur und Design, Musik und Komposition, Performance, Installation, Konzeptkunst sowie Literatur und Neue Medien.
Die Aufenthaltsstipendien werden für drei bis zwölf Monate vergeben.
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Um sich für ein Stipendium zu bewerben, müssen folgende Unterlagen in Deutsch oder Englisch digital eingereicht werden.
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Die Aufenthaltsstipendien werden durch die Kunststiftung Starke auf Entscheid einer unabhängigen Jury vergeben. Die Bewerber erhalten schriftlich eine Mitteilung über die Entscheidung. Entscheidungen werden nicht begründet.